
Ich bin kein Early Adopter. Weder hatte ich bisher einen E-Reader in meinem Besitz noch habe ich im Nachgang der Snowden-Veröffentlichungen groß etwas gegen meine Ausspionierbarkeit getan. Gerade letzteres betrachte ich als ein langfristiges Projekt; in einer Hau-Ruck-Aktion bei allem und jedem Online-Dienst den Anbieter wechseln bzw. zu einer selbstgehosteten Lösung umschwenken stelle ich mir sehr mühsam und mit Reibungsverlusten behaftet vor. Lieber mache ich sowas allmählich, dafür dann aber gründlich und nervenschonend. Der erste Schritt dabei muss auch gar nicht der Umbau vorhandener Infrastruktur sein, denn es reicht vielleicht erst mal, keine neue Stasi-Hard- und Software anzuschaffen. Und so ging es mir bei der E-Reader-Auswahl dann auch klar darum, ein möglichst simples Gerät zu wählen; eins das im Idealfall gar nicht nach Hause telefonieren oder sonstigen Fernsteuer-Schindluder treiben kann. Ein solches Teil zu finden, das am Ende dann auch noch als Reader taugen soll, war gar nicht einfach.
Wenn man sich durch die einschlägigen Review-Seiten gräbt, gibt es keinen Zweifel: die besten E-Reader fabriziert im Moment Amazon mit dem Kindle, im übrigen auch zum besten Preis. Da der Kindle aber auch im Stasi-Ranking weit vorn liegt, Amazon Ökosystem-Lock-In betreibt und auch darüber hinaus allerlei unschönes Zeug macht, suchte ich eine Alternative. Die diversen Probleme haben in Teilen auch einige Konkurrenzprodukte (wie z.B. erzwungene Online-Aktivierung), aber meist in nicht ganz so schlimm und nicht im gleichen Umfang. Meine Wahl fiel schließlich auf den PRS-T3 Reader von Sony (Sony-Produktseite, Amazon-Link), über den ich nach eingehenden Tests nichts schlechtes zu berichten weiß.
Der Reader macht die Basics alle richtig. Der Text ist gestochen scharf, ein sich leerender Akku ist nicht wahrnehmbar, es passt viel in den Speicher und das Gerät ist klein und leicht. Eine Abdeckung für den Bildschirm ist fest angebaut. Die Bedienung erfolgt primär via Touchscreen, wobei es zum Blättern noch ergänzende Hardware-Tasten gibt. An behandschuten Wintertagen sind diese wirklich sehr sehr nützlich. Der Touchscreen ist ok; smartphoneske Leistungen ergeben sich vermutlich allein schon aus der beschränkten Rechenpower des Geräts nicht. Zum Umblättern und zum Navigieren des UIs reicht es aber locker. Neben der Lese-Funktion gibt es natürlich auch einen Webbrowser und allerlei übrige Apps, die man samt und sonders in der Pfeife rauchen kann, weil das Gerät eben nur zum lesen gebaut ist. Reviews bemängeln die fehlende Hintergrundbeleuchtung, die heutzutage wohl Standard bei E-Readern ist. Mir hat sie bisher nicht gefehlt, aber ich habe auch keine Vergleichserfahrungen (außer mit Totholz-Büchern, ebenfalls ohne eingebaute Beleuchtung).
Zum Thema „Stasifrei und Spaß dabei“: das Gerät kann durchgehend mit abgeschaltetem Wlan betrieben werden, nach Hause telefoniert wird nicht. Neue E-Books lassen sich mit der freien Software Calibre bequem auf den per USB angeschlossenen Reader schaffen und verwalten. Als Bezugsquelle kann man jeden E-Book-Shop im großen weiten WWW nutzen. Der Reader spricht nativ EPUB, PDF und TXT, ergänzend kann Calibre verschiedenste Formate ineinander konvertieren (z.B. MOBI zu EPUB) und im Vorbeigehen auch DRM entfernen. Man ist also ungebunden und – soweit ich das beurteilen kann – unbeobachtet.
So richtig viel zu meckern habe ich über das Gerät also nicht, auch nicht nach drei drauf gelesenen dicken Wälzern. Auf Twitter habe ich allgemeines Entsetzen über die Barabarei wahrgenommen, die ein nicht-hintergrundbeleuchteter Reader darstellt, aber wie schon erwähnt: so richtig hat mir das bisher nicht gefehlt. Wer also jenseits vom Amazoniversum gepflegt und unbeobachtet E-Books lesen möchte, macht mit dem Reader von Sony meiner Meinung nach nicht viel verkehrt.
Kommentare (5)
Oliver K. ¶
27. Februar 2014, 11:12 Uhr
Hmmm... ich habe den "normalen" Kindle. Der hat keine Beleuchtung und auch keinen Touchscreen. Kostet dafür auch nur 49 Euro. Nutze ich auch dauerhaft mit ausgeschaltete, WLAN. Nutze auch Calibre, um Bücher aus diversen Formaten in MOBI zu konvertieren und dabei auch ggf. DRM zu entfernen.
Bin eigentlich ganz zufrieden...
Sebastian ¶
27. Februar 2014, 11:32 Uhr
Ich benutze seit zwei Jahren den PRS-T1, also den Urvater der Sony Reader, und bin recht zufrieden. Hintergrundbeleuchtung brauch ich nicht und die Darstellungsqualität ist auch gut genug für Romane und einfache Layouts. Bücher mit vielen Tabellen und Bildern sind aufgrund des Platzes schwer zu genießen. Außerdem sind die Verlage noch nicht immer in der digitalen Welt angekommen. Silbentrennung an statisch festgelegten Stellen funktioniert z.B. nicht wenn man die Schriftgröße ändern kann und der Text überall anders läuft. Das kann man aber dem Gerät nicht anlasten.
Viel Spaß mit dem Gerät.
Michael Nordmeyer ¶
27. Februar 2014, 12:05 Uhr
Als ehemaliger Besitzer eines Kindle Paperwhites kann ich mit Gewissheit sagen, dass eine Beleuchtung extrem sinnvoll ist. Meine Beleuchtung war so eingestellt, dass man sie praktisch nicht wahrnehmen konnte. Die Anzeige sah aus, als wäre sie aus weißem, nicht grünlichem oder gelblichem Papier. Ich konnte sie tagsüber wie auch bei wenig Licht einwandfrei lesen, ohne dass das Gefühl einer Beleuchtung aufkam.
Der einzige Grund, warum ich ihn nicht mehr habe, ist, dass ich aus Bequemlichkeit ein elektronisches Gerät einsparen wollte und mein iPad Air leicht genug ist.
Evelyn ¶
3. März 2014, 11:51 Uhr
ich habe noch ein Kindle ohne Licht und komme damit super zurecht. bei einem richtigen Buch macht man auch eine Lampe an. ist nur eine Frage der Bequemlichkeit. Fachbücher lesen sich in echt ohnehin besser.
das Sony sieht interessant aus. allerdings täte es mit aktuell und Geld leid, der Wechseldruck ist nicht hoch genug.
kauft die Gemeinde jetzt eigentlich geschlossen in Hinterhofbuchläden oder noch immer bei amazon?
Jens ¶
18. März 2014, 08:02 Uhr
Bin momentan auch nach der Suche nach einem Reader. Danke für den ausführlichen Test.
Ich habe vor einiger Zeit mal einen Versuch mit Calibre unternommen, ich wollte ein Amazon-Buch mit DRM auf einer Tablet-App lesen. Hat nicht funktioniert. Aufgrund dieser Erfahrung bin ich eher skeptisch. So unschön proprietäre Lösungen sind - das Zeug funktioniert wenigstens in der Regel.